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Deutschland

Im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus wird Elke Wittich über Antisemitismus im Sport referieren.
Während Judenfeindlichkeit in Deutschland heute vor allem mit Fußball in Verbindung gebracht wird, fand Aus- grenzung in praktisch jeder Sportart und überall statt.
In Großbritannien durften Juden beispielsweise noch um 1900 weder Golf noch Tennis (also die klassischen Mit- telschichtssportarten) betreiben, in der Zeitschrift „Golf Illustrated“ erschienen dazu mehrfach antisemitische Karikaturen.
In Kanada kam es 1933 nach einem Baseball-Spiel zu den bis heute schwersten antisemitischen Ausschreitungen im Land. Die Pit Gang, Anhänger des Teams St. Peter, das an diesem Augusttag gegen die Mannschaft von Harbord Playground spielte, hatte eine riesige Hakenkreuz-Fahne ausgerollt und die mehrheitlich jüdischen Fans der Gäste attackiert (die in weiser Voraussicht Verstärkung, nämlich eine jüdisch-italienische Gang namens Spa- dina Avenue Gang mitgebracht hatten). Die folgenden Auseinandersetzungen dauerten sechs Stunden.
Besonders interessant ist eine Diskussion, die Ende des 18. Jahrhundert unter Juden über das Thema „Duelle“ geführt wurde: Die Sportart Fechten war damals vor allem eine akademische Angelegenheit, denn Studenten waren oft in schlagenden Verbindungen organisiert. Duelle waren nicht selten – ob Juden sich daran beteiligen sollten, war innerhalb der damaligen Communities heiß umstritten. Egyenlöseg, die wichtigste Zeitung der ungari- schen Juden, sprach sich nach einem verhinderten Duell zwischen dem jüdischen Justizminister des Landes und dem Chef von Neolog strikt gegen solche Kämpfe um die Ehre aus. Ein Jahr später, 1893, erklärte jedoch Theodor Herzl, „ein halbes Dutzend Duelle würde die soziale Position der Juden verbessern“ und wieder zwei Jahre übernahm auch die Zeitung diese Meinung und schrieb: „Die Epedemie des Judenhasses muss in Duellen bekämpft werden.
Heute wird unsere jüdische Jugend die Judenhasser mit dem Schwert von unseren Rechten überzeugen.
Die Extremisten unter ihnen kommen aus ländlichen Gegenden, sie wissen noch nicht, dass die Juden mittlerweile sehr gut mit Schwertern umgehen können.“ Dieses gestiegene Selbstbewusstsein sorgte schließlich auch für sportliche Erfolge:
Der erste ungarische Jude, der Olympiasieger wurde, war Jenö Fuchs, ein Jurastudent aus Budapest.
Elke Wittich ist Sportredakteurin der Wochenzeitung Jungle World
Im August erscheint ein Text von ihr zum Thema Lügenpresse in der Anthologie „Vorsicht Volk!„